Tagebuch (Eintrag 2 von 5)

Piton de la Fournaise, der Süden und der Osten

Mittwoch, 22.07.2015: Halbe Inselumrundung im Westen

Wir packen unseren Kram vom Hotel ins Auto und es geht von Saint-Denis die Ostküste hinunter. Wir stoppen kurz in Saint-Leu um die Füße ins Meer zu halten und schon mal nach den Tauchbasen zu schauen. Dann geht es in einem Bogen durch Zuckerrohrfelder und Serpentinen hoch nach Le Avirons. Danach kurven wir den Berg wieder hinunter. In L’Étang-Salé les Bains kommen wir wieder ans Meer. Von hier geht es nun in Richtung Saint-Pierre, Bourg Mourat und anschließend ins Nirgendwo zum Vulkan Piton de la Fournaise. Die Straße geht berghoch wieder über etliche Serpentinen, zunächst asphaltiert, dann unbefestigt in die Lavawüste zum Vulkan. Da wir zur Wanderhütte laufen und nicht mit dem Auto dort ankommen wollen, parken wir nicht an der Gîte du Volcan, sondern auf dem Parkplatz am Passe de Bellecombe. Von da geht es anderthalb Kilometer standesgemäß mit dem Rucksack zur Gîte.

Nachdem wir unser Bettenlager im 4-Bett-Zimmer bezogen haben, gibt es im Haupthaus das Abendessen. Das 3-Gänge-Menü besteht aus Gemüsesuppe und Nudelauflauf als Vorspeise, Reis, Linsen mit Fischcurry sowie Hühnchencurry als Hauptgang und Kuchen und „Rhum Arrangé” zum Nachtisch. Alles sehr lecker. Wir erzählen noch etwas mit den zwei Franzosen, die gerade auf dem „GR R2”-Wanderweg unterwegs sind und die Etappen schon hinter sich haben, die wir uns vorgenommen haben.

Die Nacht ist auf dem Berg recht kühl, aber dank der dicken Wolldecken über dem dünnen Hüttenschlafsack frieren wir nicht.

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Donnerstag, 23.07.2015: Piton de la Fournaise

Der erste richtige Wandertag und es ist strahlend blauer Himmel. Nach dem Frühstück mit Baguette, Marmelade und Kaffee geht es mit leichtem Rucksack und etwas Proviant in Richtung Vulkan. Vom Parkplatz am Pas de Bellecombe mit einem herrlichen Blick zum Piton de la Fournaise führt der steile Weg nach unten auf das weite Lavaplateau. Vorbei am Minikrater Formica Léo laufen wir weiter zur Chapelle de Rosemont, einer kleinen Lavagrotte. Ab hier ist der Weg hoch zum Krater eigentlich gesperrt. Aber da wir kein Französisch sprechen... Die Hälfte der anderen Wanderer scheint das Schild aber auch nicht lesen zu können. ;-) Nun führt der Weg gut 400 Höhenmeter nach oben, dann wieder ein paar Meter nach unten, bevor wir an den Rand des Crater Dolomieu kommen. Die Caldera ist wirklich riesig. Der Grund des Kraters mit ein paar Schwefeldampfschwaden liegt 300 Meter weiter unten.

Wir machen am Kraterrand erstmal eine ausgiebige Pause und genießen den Blick. Dann laufen wir auf dem gleichen Weg zurück, auf dem wir gekommen sind. Nach gut sechs Stunden mit Pause sind wir zurück am Kiosk Relais de Bellecombe. Hier gibt es erstmal Orangenlimo und einen Crêpe. Zurück an der Gîte sitzen wir nach einer eiskalten Dusche noch etwas in der Nachmittagssonne.

Auch heute gibt es wieder ein Menü mit Aperitif, Gemüsesuppe, Blumenkohl-Reis-Auflauf, Linsen/Reis/Thunfischcurry bzw. Schweinefleischcurry, Kuchen und den obligatorischen Rhum Arrangé. Wieder sehr lecker. Heute sitzen wir inmitten Franzosen, die nichts als französisch sprechen können oder wollen. So wird es heute nicht so unterhaltsam und wir verschwinden recht bald. Im Gegensatz zu gestern, wo unsere Raumteiler überhaupt nicht wahrnehmbar waren, haben wir heute einen Schnarcher übelster Kategorie im Zimmer, sodass an entspannten Schlaf nicht zu denken ist.

Gîte du Volcan (2233m) - Piton de la Fournaise (2486m) - Gîte du Volcan (2233m)

Strecke: 16,8km, Höhensummen: +/-920Hm, Gehzeit: ca. 5h

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Freitag, 24.07.2015: Südosten

Wir sind froh, als die Nacht endlich vorbei ist, denn schlafen konnte man so gut wie nicht. Nach dem Frühstück laufen wir die zwei Kilometer zurück zum Auto. Heute sieht es hier völlig anders aus. Die Ebene ist komplett unsichtbar und der Vulkan ist in den Wolken kaum zu sehen. Dafür gibt es aber sehr schöne Lichteffekte.

Mit dem Auto geht es nun die Schotterpiste und später die Serpentinenstraße zurück. Unterwegs nehmen wir noch einige der Aussichtspunkte mit, wirklich sehr imposant. In Bourg Mourat schauen wir für ein zweites Frühstück bei einem Bäcker vorbei. Dann geht es den Berg wieder komplett hinunter, fast bis nach Saint-Pierre. Kurz vorher biegen wir aber auf die Nationalstraße N3 ab. An der Südküste geht es durch eine üppig grüne Landschaft durch den Ort Saint-Joseph bis nach Saint-Philippe. In dem kleinen Dorf gehen wir zunächst in die Tourist-Information um eine Unterkunft klarzumachen. Es arbeiten dort vier junge Leute, von denen jedoch alle ausschließlich französisch sprechen. Mit Händen und Füßen gelingt uns die Verständigung aber trotzdem prima.

Da der Besitzer des Domain Vacoas erst abends da ist, vertreiben wir uns die Zeit mit einem Besuch in einer kleinen Vanilleplantage, einem kleinen Spaziergang an einem der schönen Picknickplätze (oder besser Piquenique-Platz) sowie mit kreolischem Essen (Reis, Linsen, Hühnchen bzw. Wurstpfanne)

Die Unterkunft in einem typisch kreolischem Haus ist wirklich traumhaft, mit kleinem schicken Garten und Blick auf’s Meer.

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Sonnabend, 25.07.2015: Westen

Bei einem sehr netten Frühstück mit frisch gepresstem Goyavier-Saft und selbstgemachter Marmelade entdecken wir einem in Prospekt einen Bericht über ein Labyrinth in einer Teeplantage. Das klingt alles ganz witzig und so fahren wir wieder ein paar Kilometer zurück bis knapp vor Saint-Joseph und dann den Berg hoch nach Grand Coude. Der Ort liegt auf einem Felsplateau. Die Zufahrtsstraße ist auf einem schmalen Grat, an dem es auf beiden Seiten etliche hundert Meter in die Tiefe geht. Die Teeplantage, die einzige Frankreichs, ist ganz interessant. Neben Tee wird hier auch Geranium-Öl gewonnen und zu allem möglichen verarbeitet. Vor allem in Frucht-Gelee kommt das sehr gut.

Nachdem wir aus dem Labyrinth wieder herausgefunden und noch eine kleine Ortsrunde gedreht haben, geht es wieder bergab und für einen Abstecher nach Saint-Joseph, wo wir einkaufen und Eis essen.

Wir fahren weiter, wieder über Saint-Philippe, bis nach Sainte-Rose. Hier steht eine Kirche, vor der bei einem Vulkanausbruch 1978 der Lavastrom stoppte - ein Zeichen Gottes oder wie ich eher sagen würde - Glück gehabt. Wir kommen an einer imposanten alten Hängebrücke vorbei und steuern weiter bis nach Sainte-Anne, wo wir in der Touri-Info von einer sehr engagierten Mitarbeiterin die nächsten zwei Tage bestens durchorganisiert bekommen.

Die Unterkunft Ferme Auberge chez Lucinda in Bras Panon zu finden, ist dann schon eher eine Herausforderung. Am Ende des Ortes geht es noch über zwei Kilometer über schmale, gewundene Feldwege durch meterhohes Zuckerrohr. Irgendwann erreichen wir dann das sehr nette Häuschen. Abendessen gibt es hier zwar auch, jedoch hätte man das vorbestellen müssen. So schlagen wir uns nochmal durch’s Zuckerrohr und essen in einem kleinen Restaurant in Bras Panon - kreolisch, was sonst?

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Sonntag, 26.07.2015: Vanille, Wandern, Rafting

Nach einem Plausch mit der immer lachenden Eigentümerin Lucinda und einem Frühstück machen wir uns auf zum ersten Ziel, der Vanille-Kooperative in Bras Panon. Wir haben Glück, wir sind die einzigen Gäste und der Guide spricht einen ganz passablen Mischmasch aus Deutsch und Englisch, sodass wir auf der sehr interessanten Führung alles verstehen. Vanille ist ein mühsames Geschäft. Drei Monate lang müssen die Blüten, die nur einen einzigen Tag blühen, von Hand bestäubt werden. Nach der Ernte wird eine Abfolge an verschiedenen Temperaturen und Feuchtigkeiten gebraucht, bis die mehrwöchige bis mehrmonatige Trocknung ansteht. Dann wird noch sortiert und vermessen, alles per Hand versteht sich. Jetzt ist auch klar, warum die Bourbon-Vanille einen Groschen mehr kostet. (Bei Bourbon klingelt es vielleicht. Die Insel hieß unter britischer Flagge früher nämlich genau so.)

Nachdem wir fast schon Experten in Sachen Vanille sind, geht es auf eine kleine Wanderrunde „Circuit des Ravenales”. Die Tour ist nicht sehr lang, jedoch zwischendurch gibt es einige etwas anspruchsvollere Passagen. Wir kommen an einigen prächtigen, fächerartigen Bananenpalmen vorbei, den Namensgebern des Rundwegs. Nach einer guten Stunde sind wir die Runde rum und machen erstmal Picknick.

Nun steht auch schon gleich der nächste Tagespunkt an. Ein paar Kilometer weiter in Îlet Coco wollen wir auf dem Fluss Rivière des Marsouins zu einer Rafting Tour. In der Basis werden mehrere Schlauchboote auf einen Hänger geladen und dann geht es mit ein paar Leuten zu Fuß dem Auto hinterher. An der Einstiegsstelle machen wir in einem ruhigen Bereich des Flusses ein paar Übungen. Da alles wieder nur auf französisch ist, können wir nur schauen, was die anderen gerade tun und machen das dann nach. :-) Die Rafting-Tour selbst ist total spaßig. Wir nehmen wirklich jeden Felsen mit und einmal fall ich sogar aus dem Boot. Wir fahren insgesamt über vier verschiedene Stromschnellen. An einer laufen wir am Ufer zurück um dann gleich nochmal ohne Boot hinunterzutreiben, blaue Flecke inklusive. An der letzten Stromschnelle tragen wir das Boot die paar Meter auch nochmal zurück. Insgesamt sind wir mit der Aktion über drei Stunden beschäftigt und es hat richtig Spaß gemacht.

Unsere Unterkunft heute ist wieder in Sainte-Anne. Diesmal haben wir ein sehr luxuriöses Häuschen mit allem Drum und Dran.

Wir haben allerdings abends Probleme etwas zu essen in Sainte-Anne zu finden. So fahren wir kurzerhand nochmal nach Bras Panon, wo wir auch noch eine Empfehlung für ein kreolisches Restaurant hatten. Das Essen ist ok, aber nicht unbedingt das Highlight bis jetzt.

 

Circuit des Ravenales, Strecke: 3,2km, Höhensummen: +/-150Hm, Gehzeit: 1h

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Montag, 27.07.2015: Die Runde rum

Heute wollen wir das letzte Viertel auf der Küstenstraße zurück nach Saint-Denis fahren. Es gibt ein ausgiebiges und wieder sehr leckeres Frühstück im La Case Bassin Bleu, bevor wir aufbrechen. Wir fahren über Saint-André, wo wir Halt an der größten tamilischen Tempelanlage auf der Insel machen. In der Anlage spricht uns ein Mann auf französisch an. Als wir nicht reagieren, gestikuliert er wild herum und schlägt sich die Hand ins Genick. Haben wir den Tempel entweiht und müssen mit drastischen Konsequenzen rechnen? Wir rechnen schon mit dem schlimmsten. Nach einigem Hin und Her bekommen wir allerdings mit, dass er uns erklären will, dass wir vor dem Altar stehen, an dem Hühner geopfert werden.

Ein paar Kilometer weiter nördlich stoppen wir tatsächlich an den Niagara-Fällen oder um korrekt zu sein Cascade Niagara.

Meine Freundin hat einen recht alten Rucksack mit und bei genauerer Betrachtung stellen wir fest das die geplante Tour und das nicht vorhandene Rückensystem des Rucksacks nicht wirklich gut zueinander passen. Zufälligerweise kommen wir an einem riesigen Outdoor-Laden vorbei, wo wir einen viel besseren „sac à dos” schießen.

Zurück in Saint-Denis checken wir im Hôtel du centre ein und machen uns mit unserer Wäsche auf in den nächsten Waschsalon. Danach geht es nochmal zu unserer Lieblingseisdiele, bevor ich am Abend das Auto wieder am Flughafen abgebe. Angesichts der Tatsache, dass es die nächsten Tage wohl immer Reis und Linsen geben wird, entscheiden wir uns heute nochmal für Pizza.

Tagebuch (Eintrag 2 von 5)